Weidenstieg Aumühle

Modernisierung von zwei Reihenhäusern und Neubau eines Reihenhauses

Weidenstieg 20-22 in 21521 Aumühle
Bearbeitungszeitraum: Sommer 2017 - Sommer 2019
Leistungen: Bauaufnahme, Objektplanung (Leistungsphasen 1-4)
Wohnfläche: 310 m2

Die beiden Baugrundstücke bestehend aus den Flurstücken 54/65 und 54/75 bzw. 54/66 und 54/76 verfügen über eine Gesamtfläche von 671 qm. Sie liegen zentral im Gemeindegebiet von Aumühle und sind 1957 im Zuge einer umfassenden Gebietserschließung für öffentlich geförderten Wohnungsbau als seinerzeit sog. „Neue Gemeindesiedlung Aumühle“ mit zwei Reihenhäusern als Bestandteile einer Hausgruppe aus fünf Einheiten (Nr. 20-28) bebaut worden. Die bestehenden Gebäude in schlichter Bauweise zeigen die für diese Bauzeit typischen Schwächen und infolge der sehr einfachen Bauweise und einer bislang nur oberflächlichen Instandhaltung zudem deutliche Schäden. Die Hausnummer 22 steht seit Jahren leer und ist im derzeitigen Zustand unbewohnbar.

Die Siedlung beidseits des Weidenstiegs und auch angrenzend erscheint als ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil mit fast ausschließlicher Wohnbebauung. Es besteht kein Bebauungsplan oder sonstige planungsrechtliche Beschränkung. Die Zulässigkeit dieses Bauvorhabens ist deshalb nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen.

Dem Bauvorhaben liegt die Idee zugrunde, die anstehende Sanierung der beiden Bestandsgebäude nicht allein auf eine Beseitigung ihrer akuten Schäden zu beschränken, sondern diese Notwendigkeit auch als Gelegenheit aufzufassen, sie energetisch auf den aktuellen Stand zu modernisieren und dabei auch noch zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Im Sinne einer Nachverdichtung des besiedelten Gemeindegebiets soll zudem die freie Grundstücksfläche im Westen zum Bau eines neuen Endreihenhauses genutzt werden.

Für das Dachgeschoss ist deshalb ein weitgehender Umbau vorgesehen. Anstelle des bauzeitlichen und maroden Dachstuhls, der unmittelbar über der Geschossdecke beginnt und so fast die ganze Fläche unter den Schrägen beschränkt, soll ein neuer Dachkörper in Mansardform errichtet werden. Mit dieser Gestaltung können sowohl die Firsthöhe als auch die Lage der Traufe unverändert bleiben, während innen zwei echte Aufenthaltsräume mit hinreichender Höhe und ausreichend natürlichem Lichteinfall entstehen. So ergibt sich im Gegensatz zur ursprünglichen Konstruktion eine tatsächlich brauchbare Wohnetage, so dass in den bestehenden Reihenhäusern wieder familiengerechter Wohnraum nach aktuell üblichen Maßstäben entsteht.

Weiteres Potential für eine räumliche Erweiterung besteht westlich anschließend an die bislang fünfteilige Zeile, wo ein zusätzliches Endreihenhaus nach heutigem Standard neu gebaut werden soll. Es schließt sich bündig an den bestehenden Baukörper am bisherigen Kopfende Nr. 20 an und wird etwa 130 qm Wohnfläche mit einem zeitgemäßen Grundriss bieten. Diese neue Einheit mit kleinem Garten bedeutet eine gesuchte Wohnform insbesondere für jüngere Familien, was gut zur Lage passte.

Die energetischen Verhältnisse der Gebäude sind im Bestand äußerst schlecht. Hierauf wirken die vorgesehenen Umbauten unmittelbar positiv, denn durch den Ersatz der kaum gedämmten Dächer der Altbauten durch eine neue Konstruktion in Holzbautechnik und den abschließenden Neubau, der die bisherige Westfassade zur inneren Trennwand macht, verbleiben bloß noch kleine Außenwandflächen energetisch zu modernisieren, um eine umfassend verbesserte Gebäudehülle zu erhalten. Hierfür ist eine Einblasdämmung in die bisherige Luftschicht des zweischaligen Außenmauerwerks vorgesehen sowie ein Tausch der alten Fenster.

Das Bauvorhaben aus Umbau der Bestandsgebäude und Neubau eines Endreihenhauses ist nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen, weil es innerhalb eines unbeplanten Ortsteils im Gemeindegebiet von Aumühle liegt, der offensichtlich im Zusammenhang bebaut ist. Eine Gestaltungssatzung o.ä. ist nicht einschlägig. Es besteht auch kein Denkmalschutz.

Als maßgebliche nähere Umgebung können am Weidenstieg 2-28 die verschiedenen Anlagen der Siedlungsbaukampagne („Neue Gemeindesiedlung Aumühle“) aus den Jahren 1957-59 in den Blick genommen werden. Damals wurden zur schnellen, zweckmäßigen Unterbringung hilfebedürftiger Bevölkerungsgruppen kleinteilige Mietwohnungen, aber auch kleine Reihenhäuser zum Privatbesitz auf Basis eines Erbbaurechts auf Gemeindegrundstücken errichtet. Letztere wurden Im Laufe der Zeit durch ihre Besitzer teilweise erheblich umgebaut und durch verschiedenförmige Anbauten erweitert.

Hinsichtlich der Art der Nutzung entspricht die geplante Wohnnutzung der näheren Umgebung, in der neben Wohnhäusern lediglich noch eine Kita zu finden ist. In den Reihenhäusern gibt es ausschließlich Wohnnutzung.

Das neu geplante Gebäude am Kopfende wie auch die umgebauten Mittelreihenhäuser sollen die Höhe von First und Traufe der gemeinsamen Dachfigur der Hausgruppe ohne Veränderung fortführen. Lediglich das Eingangsniveau des neuen Endreihenhauses wird 20 cm tiefer liegen, da das Gelände zum Weidenstieg hin leicht abfällt.

Die beiden umzubauenden Gebäude ändern ihre Breite und Tiefe gegenüber dem Bestand nicht und damit auch nicht die überbaute Grundstücksfläche. Das zusätzlich angebaute Gebäude wird auf der Zugangsseite 1,71 m breiter sein als das bisherige Endreihenhaus und auf der Gartenseite 1,50 m tiefer reichen. Diese Proportionen ergeben sich aus den heute größeren Wandstärken und dem Wunsch nach einem Grundriss, der anders als in den älteren Hausscheiben sowohl vorne als auch hinten Aufenthaltsräume ermöglicht. Die Grundfläche des Neubaus von knapp 60 qm verteilt sich zusammen mit den Grundflächen der Nr. 20 von 41 qm und 40 qm der Nr. 22 auf einer Grundstücksfläche von 671 qm. Das entspricht einer GRZ von 0,21 (ohne Außenanlagen). Diese Grundstücksnutzung bedeutet damit auch zusammen mit dem Neubau keine ungünstigere Relation als bei den angrenzenden oder nördlich davon befindlichen Mittelreihenhäusern, denn diese Hausscheiben stehen auf noch kleineren Grundstücken.

Das neue Endreihenhaus soll auf drei Geschossebenen Wohnräume unterbringen. Das oberste Geschoss mit geneigten Dachflächen ist dabei kein Vollgeschoss im Sinne der aktuellen LBO S-H. Drei oberirdische Geschosse für Wohnnutzung weisen auch die übrigen Gebäude der Hausgruppe bereits im Bestand auf. Durch den neuen Mansardaufbau der Einheiten 20 und 22 wird deren oberstes Geschoss zukünftig nach aktuellen landesrechtlichen Vorschriften aber als Vollgeschoss gelten. Mit gleich vier Vollgeschossen ist das dominierende Wohngebäude auf dem Nachbargrundstück des Weidenstiegs 16/18 wesentlich größer, so dass die Mittelreihenhäuser auch nach dem Umbau insofern nicht aus dem Rahmen der unmittelbaren Umgebung fallen werden.

Die fünf Reihenhäuser des Weidenstiegs 20-28 formen aktuell eine Hausgruppe, was eine offene Bauweise bedeutet. Die zukünftige Reihenhauszeile wird aus diesen fünf bestehenden plus einem weiteren Gebäude gebildet, welche weiterhin an den Giebelseiten aneinandergebaut sein werden und an den beiden Kopfenden Abstand zu den seitlichen Grundstücksgrenzen wahren. Damit wird die offene Bauweise beibehalten. Diese herrscht auch ausnahmslos in der näheren Umgebung.

Die einzelnen Gebäude einer Hausgruppe müssen an den inneren Grenzen qualitativ und quantitativ in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise so aneinandergebaut und auch so aufeinander abgestimmt sein, dass das von Ihnen gebildete Gesamtgebäude als bauliche Einheit erscheint. Insofern sind die Grund­stücksnachbarn einer Hausgruppe an ein Verhältnis des gegenseitigen Interessenausgleichs und Rücksichtnahme gebunden, das ihren individuellen Freiheiten Grenzen setzt. Diese Vorgabe wird hier erfüllt.

Die bestehende Hausgruppe wird durch Umbau im Dachgeschoss bei Nr. 20 und 22 sowie Anbau eines neuen Gebäudes eine Variation der Dachgestalt erfahren. In der Folge wird die Hausgruppe zukünftig an der inneren Grundstücksgrenze zwischen Nr. 22 und 24 bei unveränderter Höhe eine anders geformte Giebelwand aufweisen. Zum Garten hin wird die Fassadenwand zudem weiter nach oben geführt. Diese Besonderheit wird dem Eindruck der baulichen Einheit des Gesamtgebäudes über alle sechs Hauseingänge keinen Abbruch tun. Denn die vorhandene Strukturierung der Hausgruppe in gleichförmige Hausscheiben und ihre auch im Neubau wiederkehrende äußere Gestaltung werden nach der Aufstockung und dem Anbau des zusätzlichen Gebäudes den bisherigen gegenseitigen Bezug aufeinander weiterhin deutlich erkennen lassen. Auch ein Versatz bzw. eine Staffelung der Gebäude sind in der näheren Umgebung keine unbekannte Erscheinung. Denn schon das östliche Reihenendhaus Nr. 28 unterscheidet sich nicht nur durch eine 1,50 m größere Gebäudetiefe und seine versetze Giebelwand, sondern auch noch mit einem hausförmigen Anbau mit deutlich abweichender Höhe, wodurch es insgesamt noch breiter ist als der geplante Neubau im Westen. Insofern ist die bestehende Hausgruppe bereits heute nicht sehr homogen. Gleiches findet sich unmittelbar angrenzend bei der ursprünglich baugleichen Hausgruppe Nr. 30-38, wo ebenfalls das westliche Endgebäude auf fast doppeltes Volumen erweitert wurde.

Die bestehenden Gebäude verändern durch den Umbau ihre Lage nicht. Das im Westen neu angebaute Gebäude wird sich auf der Eingangsseite bündig in die Hauszeile einreihen und 1,50 m tiefer in den Garten hinein erstrecken, womit es das Maß des östlichen Endreihenhauses aufgreift. Die Westfront ist etwa in der Mitte etwas zurückgestaffelt, um sie der Grundstücksform anzupassen. Sie wahrt zur Straßenbegrenzungslinie einen Abstand von gut 4 Metern an der engsten Stelle. Die Gebäude auf der anderen Straßenseite halten einen Abstand von gerade einmal 3 Metern und andere Bauten am Weidenstieg sogar noch weniger. Die Abstandsflächen nach LBO sind gewahrt.

Die Erschließung der Hausgruppe ist im gegenwärtigen Zustand allein fußläufig über einen privaten Wohnweg entlang der nördlichen Grundstücksgrenze geregelt, wofür den jeweils hinteren Anliegern Wegerechte (Dienstbarkeiten) im Grundbuch eingeräumt sind. Im Sinne einer Modernisierung umfasst das beantragte Vorhaben die Schaffung von zwei Grundstückszufahrten zur Anlage eigener Stellplätze. An der südlichen Grundstücksspitze ist dazu die Bestellung einer Baulast auf dem Flurstück 54/48 erforderlich. Dieses gehört der Gemeinde. Ein entsprechendes Recht wurde bereits in Aussicht gestellt, um diese neue Zufahrt auch noch öffentlich-rechtlich zu sichern.

Die üblichen Versorgungsmedien (Strom, Gas, Wasser) liegen an. Eine öffentliche Entwässerung besteht gleichfalls. Der Weidenstieg soll zeitnah ausgebaut werden.

Für die fünf Reihenhäuser des Weidenstiegs Nr. 20-28 existieren keine eigenen Stellplätze und ab Nr. 22 auch keine Zufahrtsmöglichkeit zu den Grundstücken. Alle Autos der Bewohner müssen entlang der schmalen Straße abgestellt werden. Ähnliches gilt für die meisten Gebäude in der Umgebung, da bei Planung dieser Siedlung die Annahme privater Fahrzeuge bei einfachen Wohngebäuden wohl nicht üblich war und kaum Parkraum vorgesehen wurde. Für die recht kleinen Reihenhäuser Nr. 20 und 22 wären nach heutigem Verständnis jedoch zumindest je eine eigene Parkmöglichkeit wünschenswert, für den Neubau besser noch zwei Stellplätze. Nach den neuen Planungen können auf dem Baugrundstück zukünftig insgesamt sechs Fahrzeuge wie folgt Platz finden.

Die geplanten Maßnahmen zur Modernisierung und Erweiterung der Hausgruppe bewirken eine deutliche Verbesserung der aktuell äußerst beschränkten Wohnverhältnisse durch Schaffung von Aufenthaltsräumen mit hinreichender Höhe und Belichtung auch in den Dachgeschossen. Zugleich wird erstmals eine Anleiterbarkeit für Rettungsgerät der Feuerwehr erreicht. Die Wohnverhältnisse in der Umgebung werden durch dieses Vorhaben einer maßvollen Verdichtung nicht beeinträchtigt.

Durch das Bauvorhaben werden drei Reihenhäuser durch Modernisierung des Bestands und teilweisen Neubau zur Vermietung an junge Familien geschaffen, die sowohl räumlich als auch qualitativ und auch hinsichtlich ihrer energetischen Eigenschaften zeitgemäß und für den Standort wünschenswert sind. Die Reihenhausanlagen am Weidenstieg wurden seinerzeit als schlichte Unterkunft für Familien konzipiert und können mit den beantragten Maßnahmen diese Funktion auch in Zukunft wieder in angemessener Weise erfüllen. Derzeit sind die Verhältnisse im Bestand hingegen unzulänglich und auf Dauer unzumutbar.