Rumänien

Besuchte Orte: Cluj-Napoca, Sighisoara, Sinaia, Bukarest, Balea Lac, Sibiu
Reisen: Februar 2005 und Juni 2007

"Ein trauriges Land voller Humor". So beschrieb einst ein rumänischer Schriftsteller seine Heimat, die geprägt ist durch die herzlichen Menschen und Ihre ursprüngliche Beziehung zu Umwelt und Kultur, durch die wunderschöne Natur mit den sagenumwobenen Karpaten-Gebirgszügen die das Kernland Transsilvanien (Siebenbürgen) umschließen, durch die historischen Bauwerke aus dem Mittelalter und durch vieles mehr. Aber natürlich gehören auch negative Aspekte, wie zum Beispiel die ökonomisch schwierige Situation des Landes mit nur schleppender Weiterentwicklung, die Korruption in Politik und Wirtschaft und die Erinnerungen an die Diktatur unter Nicolae Ceaușescu zum Bild des Landes.

Der Begriff Rom‚àö¬¢nia ist eine Ableitung des lateinischen Begriffs Romanus, was für Römer steht und geht zurück auf das 16. Jahrhundert, als sich die Bewohner des Gebietes selbst Römer nannten. Dieses wiederum ist darauf zurückzuführen, dass das Gebiet des heutigen Siebenbürgens aufgrund seiner Goldvorkommen um etwa 100 n. Chr. als Provinz ins Römische Reich eingegliedert, um 275 n. Chr. unter Kaiser Aurelian jedoch wieder aufgegeben wurde. Die weitere Entwicklung der romanisierten Bevölkerung bis zum Mittelalter ist unter Historikern umstritten. Ab Mitte des 6. Jahrhunderts gehörten dann große Teile des heutigen Rumäniens zum Bulgarischen Reich. In dieser Zeit wurde die Bevölkerung christianisiert und das Kyrillische Alphabet eingeführt. In der Zeit vom 12. bis zum 14. Jahrhundert entwickelten die Fürstentümer Walachei, Moldau und Siebenbürgen Ihre Unabhängigkeit gegenüber Bulgarien und Ungarn. Bedeutende Fürsten dieser Zeit waren Mircea cel B‚àö¬¢ltr‚àö¬¢n (Mircea der Alte, 1386-1418) und Vlad III. Dr‚àö¬¢culea (1456-1462). Nachdem Zerfall des Königreichs Ungarn zur Mitte des 16. Jahrhunderts wurden die Fürstentümer durch das Osmanische Reich und die Habsburgermonarchie bedrängt, welche zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert Gebiete besetzten und annektierten. Als dritte Großmacht übte Russland zu Beginn des 19. Jahrhunderts Einfluss aus. Der neuzeitliche, unabhängige rumänische Staat wurde nach der Rumänischen Revolution von 1848 durch die Vereinigung der Fürstentümer Moldau und Walachei im Jahre 1859 gegründet. Im Jahre 1881 wurde dann das Königreich Rumänien ausgerufen. Nach dem Ersten Weltkrieg, in dem das Reich unter König Ferdinand I. auf Seiten der Entente kämpfte, hatten sich Fläche sowie Bevölkerungszahl verdoppelt und zu einem Vielvölkerstaat geführt. In den 1930er Jahren schloss das Land ein Bündnis mit den Nationalsozialisten und kämpfte im Zweiten Weltkrieg zunächst mit den Deutschen gegen die Sowjetunion. Im Jahre 1944 wechselte Rumänien jedoch die Fronten und geriet nach dem Krieg unter sowjetischen Machteinfluss. Infolge dessen wurden bürgerliche Parteien verboten, Industrie und Landwirtschaft verstaatlicht, das Land und die Wirtschaft also nach kommunistischen Ideen transformiert. Im Jahre 1965 wurde die Sozialistische Republik Rumänien unter Ceaușescu ausgerufen, die sich von der Sowjetunion ablöste, was zu deutlichen Einschnitten in Wirtschaft und Gesellschaft führte. Die Folgen waren der Zusammenbruch der Wirtschaft und Versorgungskrisen seit den 1970er Jahren. Das Regime konnte sich jedoch aufgrund der Errichtung eines Polizeistaates noch bis zur Rumänischen Revolution von 1989 mit dem Sturz von Ceausescu halten. Seitdem strebt Rumänien einen demokratischen und marktwirtschaftlichen Kurs an, kann sich jedoch nur langsam von den Folgen der Diktatur und Misswirtschaft erholen.

Eine erste Rumänienrundreise führte im Februar 2005 an viele verschiedene Orte des Landes. Erste Station war die Universitätsstadt Cluj-Napoca (Klausenburg) in Zentraltranssilvanien mit ihrer lebendigen historischen Innenstadt und den umliegenden Vorstädten, geprägt durch triste Plattenbauten. An einem der zentralen Plätze, dem Piata Unirii, befindet sich der Mittelpunkt der Stadt, die katholische Michaeliskirche, eine beeindruckende gotische Hallenkirche, die im 15. Jahrhundert errichtet wurde. Ganz in der Nähe stehen das Reiterstandbild des Matthias Corvinus, (König von Ungarn, Kroatien und Böhmen) und das B‚àö¬∞nffy-Palais, ein berühmtes Barockgebäude, erbaut in den 1790er Jahren. Aufgrund der Historie ist Cluj die Stadt der ungarischen Minderheit in Rumänien.

Voran führte der Weg nach Sighisoara (Schäßburg) mit Ihrem unverwechselbaren historischen Zentrum, das im Jahre 1999 als Unesco-Weltkulturerbe deklariert wurde. Zwischen den engen Gassen der sogenannten Burg sind viele beeindruckende Sehenswürdigkeiten zu entdecken. Das Wahrzeichen der Stadt ist der Stundturm, eine Verteidigungsanlage mit einer Höhe von 64 Metern, die im 14. Jahrhundert errichtet und nach einem Brand im Jahre 1676 umgestaltet wurde. Weitere Sehenswürdigkeiten sind die Bergkirche und das Jospeh-Haltrich-Lyzeum auf dem Schulberg, die Klosterkriche und das Haus mit dem Hirschgeweih. Sighisoara hat in seiner Vergangenheit eine deutsche Prägung erhalten, denn die Stadt war seit ihrer Gründung über Jahrhunderte größtenteils von Siebenbürger Sachsen bewohnt. Bis 1930 stellten diese noch die zahlenmäßig größte ethnische Bevölkerungsgruppe dar. Trotz stetiger Auswanderung seit Mitte der 1970er Jahre konnte der multikulturelle Charakter beibehalten werden. Die Stadt soll außerdem der Geburts- und Wohnort des Vlad III. Dr‚àö¬¢culea gewesen sein, der in der Literatur Berühmtheit als Vampir Graf Dracula erlangt hat.

Über den Wintersportort Sinaia ging es weiter in die Hauptstadt Bukarest mit ihrer facettenreichen Architektur, welche geprägt ist durch verschiedenste Stile aus unterschiedlichen Epochen. Im Stadtbild lassen sich Einflüsse des osmanischen Sultanats, aber auch Bauwerke des Historismus aus dem 19. Jahrhundert, solche im Br‚àö¬¢ncoveanu-Stil des 20. Jahrhunderts mit seiner Kombination aus italienischer und orientalischer Baugestaltung, Gebäude im Bauhaus-Stil aus den 1930er Jahren sowie die sozialistischen Plattenbauten finden. Eines der bekanntesten Bauwerke der Stadt, welches kaum in eine der genannten Kategorien eingeordnet werden kann, ist der Parlamentspalast, das ehemalige "Haus des Volkes". Es ist eines der größten und monströsesten Gebäude der Welt und wurde ab Mitte der 1980er Jahre im Auftrage Ceaușescus auf einem künstlich aufgeschütteten Hügel gebaut. Ein Teil der Altstadt fiel ihm vorher durch Abriss zum Opfer. Unter der Leitung der Architektin Anca Petrescu arbeiteten 700 Architekten und Ingenieure sowie 20.000 Handwerker, um den Palast mit einer Grundfläche von 65.000 Quadratmetern und einer Bruttogrundfläche (BGF) von 365.000 Quadratmetern für etwaige Baukosten von 3,3 Milliarden Euro zu errichten. Zu Zeiten Ceaușescus sollten sämtliche Organe des Staates in ihm untergebracht werden. Heute beherbergt er neben dem Parlament und dem Senat das Verfassungsgericht und weitere Behörden.

Eine zweite Reise nach Rumänien im Juni 2007 führte zunächst wiederum nach Cluj-Napoca und dann weiter zum B‚àö¬¢lea-Lac (B‚àö¬¢lea-See) im Fagaras-Gebirge. Der Gletschersee auf einer Höhe von 2.042 Metern über dem Meeresspiegel liegt an der Transfogaraschen Hochstraße, die aufgrund Ihrer Streckenführung auch "Straße in die Wolken" genannt wird.

Kulturhauptstadt des Jahres 2007 war Sibiu (Hermannstadt) in Transsilvanien, sodass dort ebenfalls Station gemacht wurde. Große Teile der historischen Altstadt sowie des Großen und des Kleinen Rings mit den historischen Gebäuden wurden in den letzten Jahren saniert. Bedeutende Gebäude der Stadt sind das gotische Alte Rathaus, das spätgotische Blaue Stadthaus, das barocke Brukenthal-Palais, die gotische Stadtpfarrkirche mit 73 Meter hohem Turmbau als höchstes Gebäude der Stadt, die Lügenbrücke aus dem Jahre 1859 sowie die Orthodoxe Kathedrale, erbaut zu Beginn des 20. Jahrunderts.